Wie schön ist derzeit der Himmel. Heute morgen, noch vor Sonnenaufgang, stand flammendes Rot neben zartem Blau. Eine silberne Mondsichel schickte sich an, zu verblassen, während auf den Feldern der Frost die Halme in festliches Weiß hüllte. Da fällt mir ein Text von Rainer Maria Rilke in die Hände, der den Augenblick feiert, den Augenblick, der unser ein und alles ist:
Ich liebe diese Stunde, die anders ist, kommt und geht. Nein, nicht die Stunde, diesen Augenblick liebe ich, der so still ist. Diesen Anfangsaugenblick, diese Initiale der Stille, diesen ersten Stern, diesen Anfang. Dieses Etwas in mir, das aufsteht, wie junge Mädchen aufstehen in ihrer weißen Mansarde. In der weißen Mansarde, in der sie wohnen, seit sie erwachsen sind. (Oh, das kam eines Tages und da verwandelte sich das ganze Haus.) Nun aber ist die weiße Mansarde das Leben und wenn man am Morgen an das immer offene Fenster tritt, so sieht man die Welt. Große Bäume sieht man, die immer noch wachsen. Vögel sieht man und große Zweige schwanken von ihrem Abflug, und es ist, als wäre der Wind in einem Tier und in den Stämmen die Stille. Ich liebe diesen Wind, diesen weiten verwandelnden Wind, der dem Frühling vorangeht, ich liebe das Geräusch dieses Windes und seine ferne Gebärde, die mitten durch alle Dinge geht, als wären sie nicht. Diese Nacht liebe ich. Nein, nicht diese Nacht, diesen Nachtanfang, diese eine lange Anfangszeile der Nacht, die ich nicht lesen werde, weil sie kein Buch für Anfänger ist. Diesen Augenblick liebe ich, der nun vorüber ist, und von dem ich, da er verging, fühlte, dass er erst sein wird…