Die Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises hat mich in diesem Jahr auf zweierlei Weise irritiert. Ich sah Autoren-Lesungen, die in den eigenen Wohnzimmern stattfanden, und auch die Jurymitglieder waren aus ihren privaten Räumen zugeschaltet. Corona ließ noch immer keinen Raum für Gemeinsamkeiten, will schweige denn für ein Publikum, das lachte, stöhnte, raschelte oder applaudierte.
Gleichzeitig sah ich Bilder von einem bis auf den letzten Platz besetzten Flieger nach Mallorca. Ein Gefühl von Verständnislosigkeit machte sich breit. Nach welchen Kriterien werden Entscheidungen getroffen? Warum dürfen die einen dicht gedrängt nebeneinander sitzen und die anderen nur über die Technik miteinander kommunizieren? Welchen Stellenwert hat die Kultur in diesem Land der „Dichter und Denker“?
Die zweite Überraschung: Die 80-jährige Helga Schubert hat den angesehenen Literaturpreis gewonnen – mit einem anrührenden Text über ihr Leben und das ihrer Mutter, der trotz drastischer Schilderungen versöhnlich endete. Autobiographie in reinster Form.
Juror Philipp Tingler hatte dafür keinerlei Verständnis. Er sagte sinngemäß, Autobiographisches habe für ihn keinen literarischen Stellenwert. Wieder stellte sich mir die Fragen nach den Kriterien. Gibt es in einer Jury keine allgemein gültigen Grundlagen für die Bewertung von Literatur? Wenn solch unterschiedliche Grundvorstellungen herrschen, was sind dann Kritiken wert?
Bei mir bleibt nur Kopfschütteln.
(Foto: pixabay)
… das frage ich mich auch oft …
Segen und liebe Grüße!
… von Herz zu Herz …
M.M.
Danke. Wie schön.
Good blog postt