Fühlen und atmen

Das ist jetzt die Zeit, hinaus zu gehen, um zu spüren und zu fühlen, was um uns lebt und atmet. Das Bild habe ich gestern entdeckt, winzig kleine Sprossen, die sich aus dem Moos winden wie eine Parade stolzer Turnerinnen.

Solche Bilder muss auch Alexander von Humboldt gesehen haben, denn er hatte offensichtlich nicht nur eine analytisch-wissenschaftliche Seite, sondern meditierte  über die Natur. Seine Erfahrungen da draußen hat er wunderbar ausgedrückt:

Die Natur muss gefühlt werden, wer sie nur sieht und abstrahiert, kann Pflanzen und Tiere zergliedern, er wird die Natur zu beschreiben wissen, ihr aber selbst ewig fremd sein.

 

12 Gedanken zu “Fühlen und atmen

  1. Gestern wühlte ich im elterlichen Garten herum, mehrere Stunden knieende Andacht, Verbeugung vor Wachstum und dem Gesekohl den Garaus machen. Den Erdduft einsaugend, die Zeit vergessend, nicht verlierend und berufen zu der Hände Tun. Stauden ausbuddeln, denen der Gesekohl drohte die Luft abzuwürgen, sie wieder einbuddeln und freuen über die Blumenköpfe, Vergissmeinnichtparlamente, Akeleienansammlungen, späte Osterglockenorchestrale und dazwischen immer noch Tulpenakkorde. Die Augen saugen sich in dem Grün fest, ein spezieller Grünton, der nach jungen Rosen, nach Maiglöckchen und nach Erneuerung riecht. Unter den Grabnägeln sitzt die fette gute Erde und die Regenwürmer wühlen sich schnell tiefer oder werden sanft umgebettet. Vorsicht mit den zarten Wurmleibern, ein Schmetterling landet auf dem Finger, gaukelt mit Zitronenflügeln, hebt ab mit dieser unvergleichlichen Leichtigkeit der Metamorphosisch erworbenen Eleganz geduldig durchfressener Raupenzeir und schwebt davon, um eine Pflanze zu beglücken. Ein Sträußchen Waldmeister ziert den Nachttisch, ein Fliederrüttelbusch die alte Truhe. Natürliche Grüße und danke für die textliche Befruchtung. Deine gräsernen „Turnerinnen“ beflügelten mich.🌱🔆🥰

    1. Wie schön, wie schön, Karfunkelfee. Es ist eine Wonne, das zu lesen. Ich sehe Dich über die Erde gebeugt das Wuchern zärtlich lenken – und überall ist Wunderland. Danke für diesen Text. Jetzt muss ich aber schnell googeln: Den Gesekohl kenne ich nicht. Das muss sich ändern.

    2. Nun habe ich gegoogelt, und was kommt beim Begriff Gesekohl: Giersch. Das ist ein gutes Vitamin-C-haltiges Wildgemüse, und es war früher sehr geschätzt. Gut fürs Immunsystem, besonders gut in diesen undurchsichtigen Corona-Zeiten.

      1. Ja, manche essen es auch. Doch es ist ein Ziergarten und es wuchert wie verrückt, erwürgt alle andere Pflanzen oder verdrängt sie. Deshalb muss das Zeugs raus. Meine Mutter kennt Giersch noch aus harten Hungerzeiten nach dem Krieg. Sie bevorzugt Spinat. Ich probierte das Kraut ebenfalls und fand den Geschmack grauslich. 😉

    3. Klar, aus dem Zierbeet muss es raus, aber warum nicht Nutzen daraus ziehen? Du kannst einige Blätter in den Salat streuen – eben wegen des hohen Vitamingehalts oder zum Beispiel mit einem Apfel und/ oder einer Mango einen Smoothy daraus machen. Das Kraut ist ja nicht bitter, es schmeckt eher nach Wiese.

      1. …ich habe es wirklich versucht…er hat so einen seltsamen Geruch und Beigeschmack…. Viele Kräuter mag ich sogar sehr, Melde, Löwenzahn, Sauerampfer…nur mit dem Giersch kann ich mich einfach nicht anfreunden…:-)

      2. Dann eben ohne Giersch. Ganz viel Spaß mit dem Schmecken des wilden Krauts. Ich habe gerade einen Smoothie mit Löwenzahn, Giersch, Brennessel, Apfel und Banane getrunken. Der Nachbar kam vorbei, und er hat ein Glas nachgefordert. Also, es hat geschmeckt.

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