Jetzt ist Phantasie gefragt: Es ist Winter in den Eifeler Notzeiten, und es fehlt am Nötigsten, aber die Kinder wollen im Schnee spielen. Da entdecken sie ihr Heimbacher Stühlchen, das der Vater in Heimarbeit hergestellt hat. Kurz entschlossen wird es nach draußen gebracht, auf einen Hügel gezogen und umgekippt. Die Rückenstäbe sind jetzt Kufen, die Vorderstäbe der Sitz. Die Kleinen steigen drauf und los geht’s: Auf der glatten, vereisten Bahn gibt es kein Halten mehr. Das Stühlchen ist ein Schlitten.

So ähnlich könnte es gewesen sein. Und Bildhauerin Luise Kött-Gärtner ist überzeugt davon, dass es so war. Stolz zeigt sie ein Stühlchen, das gerade auf dem verstaubten Speicher eines Bauernhauses in Aldenhoven gefunden und in ihr Atelier gebracht worden ist. „Hier an den Rückenstäben sind deutlich abgeflachte Spuren zu sehen. Das kommt vom Schlitten fahren. Ich schlage vor, dass genau dieses Stühlchen mit den markanten Gebrauchsspuren für die Skulptur „Teichstraße“ in Bronze gegossen werden sollte.“
Der Hintergrund: Sobald die Corona-Zeiten vorbei sind, wird sich die „Stühlchen-Gruppe“ wieder treffen und Modelle (das obere Foto zeigt ein Modell des Modells) für zwei Skulpturen erarbeiten, die in der Stadt aufgestellt werden sollen. Das Land NRW fördert das Projekt.
Parallel dazu wird eine Broschüre erarbeitet, die in Wort und Bild an die Herstellung der Stühle erinnert. In diesem Zusammenhang bitte ich um die Mithilfe der Heimbacher. Ich suche alte Fotos, Zeichnungen oder Geschichten, in denen die Möbel eine Rolle spielen.
Diesen Wunsch habe ich im Heimatblättchen veröffentlicht. Und die ersten haben sich gemeldet und mich Skeptikerin überzeugt. Ein alter Herr versichert mir, er sei auf seinem Stühlchen tatsächlich Schlitten gefahren. Die Rutschpartie der Puppen war also einmal Realität.
Da bleibt nur das Staunen. Wie anders waren doch die Zeiten. Statt Spielzeugbergen in den Kinderzimmern verhalf die Phantasie und ein kleiner Stuhl zu Rutschpartien. Hauptsache, die Piste war glatt und vereist.
Hoffen wir, dass die derzeitige „Notzeit“ auch zu guten Ideen führt. Ich meine wirklich gute Ideen außer dem Tragen von Masken, dessen Sinn – je nach Tageslaune – bestätigt oder in Frage gestellt wird.

