Schreib doch, was dir einfällt

Maria vom Unruhewerk hat wirklich etwas Beunruhigendes. Sie stellt gerne merkwürdige Fragen, die bohrend werden können, wenn sie nicht sofort beantwortet werden. Vor kurzem hat sie eine Blogparade gestartet mit der eigentlich einfachen Frage: „Wie viel Persönliches, Privates braucht oder verträgt ein Blog?“

Zuerst dachte ich, „blöde Frage“, ich schreibe, was mir gerade einfällt. Aber dann kam das Beunruhigende. Das stimmt ganz und gar nicht. Zumindest nicht für mich. Es ist nämlich eine Typfrage, ob es einfach so raussprudelt, das Persönliche und Private, oder ob fein ziseliert und in nette Worte gepackt um die Ecke gedacht wird .

Da wurde mir klar: Ich bin nicht so schnell heraus mit dem Privaten. Es ist mir eigentlich sogar unangenehm, viel von mir zu erzählen. Als alte Journalistin habe ich sowieso eine Schere im Kopf. Das Persönliche, so doziert jeder Chefredakteur, sollte hinten anstehen. Der gute Journalist darf sich nicht gemein machen mit irgendwas, schon gar nicht mit sich selbst.

Nun haben sich die Zeiten geändert. Mittlerweile entdecke ich in fast jedem Zeitungsartikel eine Meinung, und in den sozialen Netzwerken werden die „Gefällt mir“ unbekümmert in die Welt gestreut. Jedes ist eine Meinung, und jedes verrät ein Stück von uns selbst. Werden wir dadurch offener, freier?

Ich glaube nicht. Ich glaube, die einen werden perfekter in der Selbstinszenierung. Und die anderen mühen sich redlich um Authentizität – genau wie im richtigen Leben.

Nun geht’s aber an die Fragen von Maria:

  • Wie haltet ihr es mit der persönlichen Offenheit in eurem Blog?
    Für mich ein Problem. Vielleicht lerne ich irgendwann hinzu. 
  • Rechnet ihr?
    Um Gottes Willen. Wo käme ich hin nachzurechnen, wie viel Privates ich selbst erdulde. Das wäre der Tod meines Blogs.
  • Lasst ihr euch von Emotionen leiten? Oder müsst ihr gar nicht mehr drüber nachdenken, habt schon ein so gutes Gefühl dafür, was geht, was ihr wollt, womit ihr euch (noch) wohlfühlt?
    Meistens bin ich kontrolliert. Schade eigentlich. 
  • Gab es Situationen, in denen ihr persönliche Dinge gepostet habt, die euch unerwartet Bauchschmerzen gemacht haben? Oder die dumme Situationen und/oder Reaktionen hervorriefen? Welche Konsequenzen  in punkto persönlicher Offenheit habt ihr daraus gezogen?
    Wer Politisches zündelt, hat rasch die Nattern am Hals. Ich suche schon ein Leben lang nach einem dicken Fell. Leider vergeblich.    
  • Wünscht ihr euch, mutiger/offener im Netz zu sein, traut euch aber (noch) nicht? Habt ihr eure Sichtbarkeits-Strategien jemals bewusst geändert, von „Da halt ich mich mal lieber bedeckt“ zu „mehr Offenheit“ – oder umgekehrt? Oder haltet ihr solche Strategien ganz grundsätzlich für völligen Blödsinn? Wenn ja: warum?
    Siehe oben. Das ist eine Typfrage. Nur bedingt erlernbar.
  • Gibt es unter euch Blogger, die über diese Frage noch nie nachgedacht haben – und ich mach hier ganz unnötig die Pferde scheu? Oder habt ihr euer Blogthema von Anfang an schon bewusst so gewählt, dass ihr euch solche Fragen erst gar nicht stellen müsst? Wenn ja: Wie geht es euch damit? Fehlt euch da manchmal die „persönliche Note“?
    Ja. Manchmal wäre ich gerne persönlicher.  
  • Wenn ihr andere Blogs anseht: Mögt und folgt ihr eher denen mit „persönlicher Note“ – oder lieber jenen, die (so weit das geht…) „neutral“ daher kommen?
    Das kommt auf den Inhalt an. Es gibt Privates, das mich überhaupt nicht interessiert und tolle Themen, die mich wirklich anziehen. 
  • Wie viel Sichtbarkeit im Netz verträgt das berufliche, private und persönliche Selbst-Bild? Wie wägt ihr ab? Was zeigt ihr, wie viel von euch? Und was – warum? – nicht?
    Ich glaube, das öffentliche Schreiben ist einfacher, wenn viel Unbekümmertes einfließt. Nachdenken verdirbt den Schwung genauso wie die genaue Recherche. Also hilft es, einfach in die Tasten zu hauen. Übrigens scheinen mir das viele genau so zu machen. Zumindest auf Facebook. Wo sonst kämen die vielen Flüchtigkeitsfehler her? Mir gelingt das nicht so richtig. Aber wer weiß, ich mach einfach mal weiter.    

6 Gedanken zu “Schreib doch, was dir einfällt

  1. Liebe Ulrike, ich finde deinen Beitrag so gut, dass ich mich noch gar nicht entscheiden kann, was davon ich in der Zusammenfassung, die ich gleich schreiben will, zitieren soll…. Und so ganz nebenbei wirfst du noch eine Frage auf, die ich mit Sicherheit im Blick behalten werde: Wenn überall „Meinung“ ist, werden wir dadurch offener? Ich will jetzt nicht meine eigne Blogparade hinterfragen, indem ich das Thema aus einer ganz andren Perspektive noch mal neu aufrolle… aber eines Tages dann sicher doch… (Ja, manchmal finde ich mich selbst beuruhigend…). Danke dafür – und für deinen tollen Beitrag natürlich auch!
    Herzlichen Gruß
    Maria

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