Ich hätte nicht gedacht, dass ich den Winter einmal vermissen würde. Hier im Westen wabert schon wieder Einheitsgrau über die Felder. Das Silberweiß lockte nur einen Tag lang nach draußen – so intensiv war der Genuss, dass ich den Winter ehren möchte – mit ein paar Zeilen aus – wie jeder sofort bemerken wird – alter Zeit:
Der Reif
Der Reif ist ein geschickter Mann:
O seht doch, was er alles kann!
Er haucht nur in den Wald hinein,
Wie ist verzuckert schön und fein
Ein jeder Zweig und Busch und Strauch
Von seinem Hauch!
Wie schnell es ihm von Händen geht!
Kein Zuckerbäcker das versteht.
Und alles fein und silberrein,
Wie glänzt es doch im Sonnenschein!
Wär‘ alles doch nur Zucker auch
Von seinem Hauch!
Doch nein, wir sind schon sehr erfreut,
Dass uns der Reif so Schönes beut.
O Winter, deinen Reif auch gib,
Uns ist auch Augenweide lieb,
Und ohne Duft und Frühlingshauch
Freu’n wir uns auch.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)