Manchmal kommen Besucher von weit her, und wir zeigen unser Dorf. Immer ziehen wir auf den Hügel zur kleinen Kapelle St. Michael. Weiß reckt sie sich aus dem Gebüsch, ein friedliches Stück Land mit einer teuflischen Geschichte. Genau hier soll es gewesen sein; hier soll der Teufel den Plan geschmiedet haben, beim nächsten Unwetter, alles nieder zu reißen und das Kirchlein den Hügel hinab zu stürzen.
Doch der Erzengel St. Michael griff ein und zückte sein Flammenschwert. Satan sah es mit Entsetzen, sprang mit einem weiten Satz vom Hügel hinab, verewigte noch rasch seinen Fußabdruck auf einem Feldweg, floh in die Berge und wurde nicht mehr gesehen – zumindest nicht in Vlatten.
Neulich habe ich die Geschichte einem Gast aus Frankreich erzählt. Schon während ich plauderte, strahlte er und nickte und nickte. Endlich, als er zu Wort kam, erzählte er von einer ganz ähnlichen Teufelsgeschichte, von der ganz ähnlichen Rettung einer kleinen Kirche und von einem ganz ähnlichen Fußabdruck als Beweis, dass der Böse da war und erfolgreich vertrieben wurde.
Über die Grenzen hinweg ähneln sich die Geschichten, vor allem die alt überlieferten. Und über die Grenzen hinweg glauben wir an den Sieg des Guten. Aber merkwürdig – ohne Kampf können wir uns das Gute selten vorstellen – zumindest nicht in unseren Sagen, Märchen und Geschichten.
Da müssen wir Nachsicht üben mit den Schöpfern und Liebhabern von modernen Sagas wie „Starwars“: Sie kennen es nicht anders und müssen unermüdlich kämpfen. Schade, eigentlich.
