„Ich möchte mich verbeugen vor Menschen, die so viel Geld in die Hand nehmen, um auf ihrem Acker Kunst aus der Erde wachsen zu lassen.“ Wir ahnen es: Andreas Main hatte eine Erscheinung. Der Radio-Journalist war unterwegs „in einer Gegend hinter Zülpich… für den Radfahrer eine der härtesten. Es steigt an und steigt an und steigt an. Man spürt es, aber man sieht es nicht. Eine Gegend, die leer geräumt wirkt. Landwirtschaft rules… Es riecht nach Erde, nach Ernte, nach Feuer. Auch die Schatten werden länger. “
Mühsam zieht Andreas Main über die Feldwege, und plötzlich entdeckt er etwas, das er aus Studentenzeiten in Münster kennt: Eine Stele von Ulrich Rückriem. „Mitten in der Pampa… Ich schaue mich um. Ein paar hundert Meter weiter noch mehr Stelen… Eine Gruppe von acht, neun, zehn Steinen. Die Felder drum herum sind kahl. Eine Landmarke. Ein meditativer Ort.“
Niemand weiß, wie viele Menschen in den Weiten zwischen Zülpich, Langendorf und Wollersheim solch eine Überraschung erlebt haben, wie sie Andreas Main in seinem Internet-Blog beschreibt. Sicher ist, dass Manfred Vetter, Unternehmer und Kunstsammler, damit für viel Gesprächsstoff gesorgt hat. Er ließ die Rückriemstelen aufstellen und kein Wegweiser, keine Erklärung, keine Signatur gibt Richtung. Der Mensch ist allein mit seinem Staunen, seinen Zweifeln, seinen Fragen – und mit diesem Granit.
Das hat Methode: „Die Steine sprechen für sich“, lässt Ulrich Rückriem wissen. Mehr will er dazu nicht sagen. Der 1938 in Düsseldorf geborene Bildhauer wird der Prozesskunst und dem Minimalismus zugeordnet. Er hat mehrmals an der Documenta in Kassel teilgenommen, seine Arbeiten sind in internationalen Sammlungen vertreten und beherrschen den öffentlichen Raum zahlreicher Städte.
Bei jeder Steinsetzung will er den Standort einbezogen wissen. „Rückriem hat die Aufstellung der Stelen überwacht. Gegen ihn konnte kein Platz durchgesetzt werden, denn die Umgebung macht 50 Prozent seiner Kunst aus “, sagt Juliane Vetter, Vorstandsmitglied der Manfred-Vetter-Stiftung, die in Burg Langendorf ihren Sitz hat.
So ragt die acht Meter hohe Chlodwig-Stele aus Granit weithin sichtbar an der L 265 in den Himmel. Eher versteckt, aber nicht minder beeindruckend liegen acht Skulpturen in den Weiten der Äcker direkt am alten Römerweg und formen sich zu einer Versammlung von horizontal gespaltenen Granitblöcken.
Auszug aus dem Buch: Zülpich – Porträt einer Römerstadt.