Ein Engel im Schnee

Drei Christrosen hat mir Pia geschenkt, vor Jahren schon, als ich die zarten Blüten nur von ihren Beeten kannte, wo sie im Winter wild wuchernd ihr „Gottes Land“ erobern. Gerade jetzt putzen sich meine Christrosen heraus; runden die Knospen und zeigen aberwitzig schöne Blüten.

Als Teufelspflanze verschrieen, die Hexen und Magiern mit ihren hochgiftigen Wurzeln im Mittelalter half, Pasten zu mischen gegen Epilepsie und Wahnsinn, wandelte sich die Christrose im Volksglauben zur heiligen Pflanze, nachdem eine fromme Sage die Runde gemacht hatte: In der Weihnachtsnacht, so wurde erzählt, erwachten alle Pflanzen aus ihrem Winterschlaf, blühten einen Augenblick und verschwanden dann wieder. Nur die Christrose vergaß, in die Erde zurückzusinken und erstrahlte den ganzen Winter lang inmitten von Schnee und Eis.

Noch besser gefällt mir die Geschichte von Madelon, die ihre Schafe in den Stall bringen wollte und auf dem Weg drei Hirten traf mit Geschenken für das Kind Gottes. Die Kleine weinte bei ihrem Anblick, weil sie selbst nicht einmal eine Blume hatte, die sie dem neu geborenen König schenken konnte. Da half ihr ein Engel, der den Schnee ein wenig zur Seite fegte, und ihr in weiß und rosa, die Christrose zeigte.

Eine Pflanze stemmt sich gegen die Jahresuhr, putzt sich heraus, wenn andere schlafen – und überlebt überirdisch schön.

2 Gedanken zu “Ein Engel im Schnee

  1. Gerade vorhin habe ich sie noch bewundert im garten, beim Wäschaufhängen und nun lese ich huer die schönen Geschichten dazu. Bei uns musste der Engel keinen Schnee wegfegen, aber im gerade sehr trüben Tageslicht machen sie sich auch bezaubernd!

    Herzliche Grüße sendet,
    Marlis

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s